Wie es dazu gekommen ist, dass ich Niqab trage...

[Repost vom 9. November 2022] Ich war gestern bereits am Vormittag einkaufen – und wollte eigentlich später nicht noch einmal los. Aber da war so ein Gefühl der Unruhe, ein „geh jetzt noch mal los“. Also bin ich noch einmal los und habe ein paar Sachen gekauft, die ich eigentlich genauso gut heute hätte kaufen können.

Auf dem Rückweg habe ich darüber nachgedacht, was das Thema meines ersten Pleroma-Beitrags sein könnte. Und in dem Moment fährt ein gelber Opel Agila an mir vorbei. Und kurz darauf, eine Kreuzung später: ein silberner Agila.

Da ein Agila am Beginn meines Daseins als Niqabi stand und gelb und silbern dabei eine besondere Rolle spielen, stand damit auch das vorher gesuchte Thema fest: wie es dazu gekommen ist, dass ich Niqab trage. Das wurde ich ohnehin schon sehr oft gefragt.

Vorweg: Der Opel Agila ist mein Lieblingsauto. Als mein Schatz und ich vor vielen Jahren im Schwarzwald im Urlaub waren, gab es auf dem Weg von der Ferienwohnung zum örtlichen Discounter einen Opel-Händler. Und der hatte einen Opel Agila ausgestellt – und jedes Mal, wenn ich daran vorbeikam, habe ich ihn verliebt angehimmelt. Schließlich haben wir uns 2004 einen gelben Agila gekauft (der leider 2010 bei einem Hochwasser verloren ging). Es wurden nie viele Agilas verkauft, und gerade die bis 2007 gebaute A-Serie sieht man nur noch sehr selten. Eigentlich sehe ich nur alle paar Wochen einmal einen solchen Agila.

2019 hatte ich den starken Eindruck, dass Gott wollte, dass ich beginne, mich zu verschleiern. Ich hatte mich schon vorher sehr für die Religionsfreiheit der Frauen, die sich verschleiern wollen, und gegen jede Feindlichkeit gegen diese Frauen eingesetzt – nun aber das: verschleiere Dich selbst.

Ich habe Gott um ein Zeichen gebeten, dass dieser Eindruck wirklich von ihm kam: Er möge mir dann einen Agila schicken. Ich denke, ich habe auch gerade deshalb Agila gesagt, weil er selten zu sehen war. Was sollte schon passieren...

Doch kurz darauf, ich meine sogar am selben Tag, begegnete er mir dann: ein Opel Agila.

Es blieb nicht bei diesem einen Agila. Immer, wenn ich mir unsicher war, ob ich wirklich einen Schleier tragen soll, kam ein Agila. Und wenn ich eine Bestätigung haben wollte, dass Gott es wirklich will, kam ein silberner Agila. Zwischendurch begegnet mir meist lange, teils wochenlang kein Agila (und ich achte sehr darauf...).

Und so kam es, dass ich seit 2019 Jilbab und Niqab trage. Was Gott mir nie eindeutig erklärt hat: warum ich das tun soll. Ich habe inzwischen eine Ahnung, aber manchmal wäre mir eine Stimme vom Himmel, die es mir erklärt lieber. So tue ich etwas im Vertrauen auf Gott, ohne wirklich zu verstehen, was das nun eigentlich soll.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass manche Niqab-Trägerinnen es so erleben, dass ich ihnen auf Augenhöhe begegne – eine Begegnung unter gleichen Bedingungen. Dass sie es gut finden, dass ich etwas von ihnen annehme. Dass sie dankbar sind, sich vor mir nie dafür rechtfertigen zu müssen, dass sie sich verschleiern.

Ich habe auch die Erfahrung gemacht: wenn Leute mich häufiger sehen, gewöhnen sie sich an den Anblick einer Frau mit Jilbab und Niqab. Was sie bisher oft nur aus den Medien kannten (und dort meist im Kontext „Islamismus/Terror“), sehen sie jetzt als ganz normale Frau in ihrer Nachbarschaft, im Zoo, beim Einkaufen. Man begrüßt einander, wenn man sich begegnet. Es baut Vorbehalte, Vorurteile ab.